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Gesellschaftsverrohung?

Die Zeit – Wirtschaft : Manager ohne Moral?

Manager ohne Moral?

Rekordgewinne und trotzdem immer weniger Jobs: Die Wirtschaftselite hat das Gefühl für ihr Land verloren

Von Marc Brost, Wolfgang Gehrmann, Robert von Heusinger, Dietmar H. Lamparter, Ulrike Meyer-Timpe, Arne Storn und Christian Tenbrock

Endzeitstimmung in Hannover-Stöcken. Ende 2006 werden hier 320 Jobs verloren gehen. Die Arbeit wird dann in Osteuropa erledigt. Wut? Eher wechselt die Stimmung vor Tor 2 zwischen Verdrängung und Resignation.

Am 31. Dezember 2006 läuft die Produktion von Pkw-Reifen in Hannover-Stöcken aus, das hat Continental-Chef Manfred Wennemer vergangene Woche verfügt. Obwohl das Werk durchaus profitabel ist und Conti beim Gewinn das vierte Rekordjahr in Folge ansteuert. Obwohl die Conti-Aktie seit Jahren zu den Besten im Dax gehört. Und obwohl erst im Juli eine Betriebsvereinbarung in Kraft trat: Die Arbeiter in Hannover-Stöcken verzichteten auf ihre Lohnerhöhung, auf ihre Einmalzahlung und ihre bezahlten Pausen. Knapp 10 Prozent weniger haben sie damit in der Tasche. »Überlegen Sie mal«, sagt der Conti-Betriebsratsvorsitzende Wilfried Hilverkus, »9,7 Prozent weniger Geld!«
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Manfred Wennemer sagt, Rekordgewinne und Arbeitsplatzabbau hätten »überhaupt nichts miteinander zu tun«.

Wie Wennemer argumentieren auch andere Unternehmenslenker in Deutschland. Wie der Conti-Chef schreiben sie die besten Zahlen seit Jahren und setzen dennoch Leute auf die Straße.

Die Deutsche Telekom will 32.000 Stellen abbauen, obwohl der Konzerngewinn allein im letzten Quartal bei 2,4 Milliarden Euro lag. Henkel verzeichnete 2004 ein Rekordjahr und streicht 3000 Arbeitsplätze. IBM verdiente im vergangenen Jahr so gut wie nie, trotzdem verlieren 620 Programmierer ihren Job die Kollegen in Ungarn und Tschechien sind billiger. Bei AEG in Nürnberg kämpfen 1750 Beschäftigte um den Erhalt ihrer Fabrik. In Hamburg schloss der norwegische Konzern Norsk Hydro ein hochrentables Aluminiumwerk mit 440 Mitarbeitern. Bei der Allianz stehen bis zu 8000 Jobs auf der Kippe. Und die Deutsche Bank hält daran fest, dass 6400 Beschäftigte gehen müssen, obwohl das Geldhaus auf einem rasanten Erfolgskurs fährt. »Wir haben keine Alternative«, sagt Vorstandschef Josef Ackermann.

Dieser Artikel spricht viele Dinge offen und direkt an.
Das System Kapitalisums sagt, “Shareholder-Value über alles” – aber wo bleiben die Menschen im System?
(ich weiß, schon wieder so ein esoterischer Ansatz)
Ist eine moralische Argumentation überhaupt sinnvoll, wenn doch der Kapitalisums als System keine Moralvorstellung definiert und so wunderbar ohne auskommt?
Kategorie lesenswert.

2 comments on “Gesellschaftsverrohung?

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